Hindenburg im Gerätehaus

Hindenburg im Gerätehaus

Den etwas anderen Einsatz zeigten die Mitglieder der „Altstadt“ im Mai 2010. Das alte Gerätehaus im Lippetal hatte längst eine Verabredung mit dem Abbruchbagger. Mit Mitteln des Konjunkturpakets II war ein Neubau geplant. In vielen Stunden Eigenanteil legten sich die Wehrleute für ihr neues Domizil ins Zeug. An diesem Abend standen letzte Entkernungsarbeiten im alten Spritzenhaus an.

Das Feuerwehrhaus wurde schon nicht mehr als Fahrzeugstandort genutzt. Hierfür war die alte Hauptwache an der Marienstraße Interimslösung.

Im Laufe des Abends rückte der alte Grundstein im hinteren Teil des Gebäudes direkt am Schlauchturm in den Fokus der Aufmerksamkeit. Kurzerhand wurde der Grundstein mit Hammer und Meißel aus dem Backstein geschlagen und zur näheren Untersuchung ins Gerätehaus gebracht. Die Kameraden Paul Schürmann und Volker Löppki wurden kurzerhand zu „Chefarchäologen“ befördert und mit der Öffnung des Grundsteins beauftragt. Einen wirklich sensationellen Fund erwartete wohl niemand – völlig zu Unrecht, wie sich später herausstellen sollte. Aber der Reihe nach…

Nach Entfernung der Oberplatte mit den Römischen Zahlen „MCMXXIX“ (1929) kamen neben Mörtelresten im Wesentlichen zwei Dinge zum Vorschein. Eine alte Flasche Korn der Kornbrennerei Böckenhoff in Dorsten Erle. (Im Jahr 1929 gehörte Erle noch zu Dorsten). Das Etikett war noch leserlich, der Inhalt allerdings ausgelaufen. Als Grund hierfür wird ein Bombentreffer im 2. Weltkrieg vermutet, der das Gerätehaus an dieser Stelle beschädigt hatte.

Die für die Historie des Löschzugs wesentlich bedeutendere Entdeckung machten wir aber in der Zeitkapsel aus Blei, die sich ebenfalls im Grundstein befand. Hierbei handelte es sich um einen zylindrischen Behälter von ca. 25cm Länge, der über all die Jahre luftdicht verschlossen das Geheimnis unserer Kameraden aus Vorzeit verbarg. Drei Dokumente kamen absolut unversehrt zum Vorschein.

Ein Bild mit den damaligen Mitgliedern in Paradeuniform vor dem Gerätehaus. Jeder Kamerad war mit einer Ziffer markiert. Hierzu diente das zweite Dokument. Es handelt sich hierbei um die namentliche Auflistung der Mitglieder mit Namen, Stellung in der Wehr und Beruf.

Besonders kreativ zeigten sich die Macher beim dritten Dokument. Eine Urkunde mit den zeitgeschichtlichen Persönlichkeiten vom Reichspräsidenten bis zu den Beigeordneten der Stadt Dorsten. Eine Abschrift der Urkunde habe ich an das Ende dieses Beitrags gestellt.

Die anfängliche Partystimmung wich an diesem Abend Zusehens einer etwas nachdenklicheren Atmosphäre. Viele von uns empfanden wohl selten eine tiefere Verbundenheit zur Ahnenreihe des Löschzuges.

In den nachstehenden Seiten seht ihr Abschriften der Urkunde und natürlich das Bild der Mitglieder von 1929.

Zwei Grundsteine wurden 2010 in den Neubau direkt am Eingang eingemauert. Der neue mit der Zahl 2010 und der alte mit der Römischen Zahl MCMXXIX. Die Fotos zeigen die Grundsteine am heutigen Platz.

Hier die Urkunde von 1929 in der Originalabschrift:

 

Urkunde

 Im Jahre 1929

als

Generalfeldmarschall von Hindenburg Reichspräsident war, Dr. Amelunxen Regierungspräsident in Münster war. Dr. Schenking Landrat in Recklinghausen, Dr. Franz Lürken Bürgermeister der Stadt Dorsten, Ingenieur Wilh. Norres erster Beigeordneter, Rechtsanwalt Joh. Spangemacher zweiter Beigeordneter war. Schreinermeister Gerh. Jägering, Zechenschmied Jos. Hörsken, Eisenbahnassisten Joh. Tönnessen, Bergmann Wilh. Müller Magistratsschöffen waren, Rechtsanwalt Ferdinand Beckmann Stadtverordneten-Vorsteher, Kaufmann Gustav Reckmann Oberbrandmeister der Freiwilligen-Feuerwehr, Stadtbauführer Wilhelm Bröckerhoff Brandmeister des ersten Löschzuges, Dietr. Groß-Blotekamp Brandmeister des zweiten Löschzuges war, wurde heute, in Gegenwart der gesamten Wehr, der Grundstein zu diesem Feuerwehr-Gerätehaus gelegt, im einundfünfzigsten Jahre nach der Gründung der Freiwilligen-Feuerwehr-Dorsten. Die Freiwillige-Feuerwehr des Ortsteiles Gahlen-Hardt, die infolge der Zusammenlegung der Harst mit der Stadt Dorsten im Jahre 1929 sich der Dorstener Wehr als dritter Zug angeschlossen hatte, war unter der Führung des Brandmeisters Heinrich Köpper erschienen. Entwurf und Bauleitung lagen in den Händen des Stadtbauamtes unter Leitung des Stadtbaumeisters Carl Schuh. Die Maurerarbeiten wurden von Mitgliedern der Wehr ausgeführt, von den Maurermeistern Bernh. Peuler, Franz Peuler u. Wilh. Fortmann.

Dorsten, den 28. Oktober 1929